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Lymphoma Clinical Research

GLA-Preisträger 2021

Dieser Preis wurde zu gleichen Teilen vergeben an Dr. med. Fabian Frontzek, der aktuell seine Facharztausbildung am Universitätsklinikum Münster absolviert, sowie an Dr. med. Stefan Alig von der Ludwig-Maximilians-Universität München, der zur Zeit als Postdoc an der Stanford University in den USA arbeitet.

Markus Löffler, Fabian Frontzek und Martin Dreyling

 

Bericht zur Arbeit von Dr. Frontzek: 
1.) 10-Jahres Follow-Up der R-MegaCHOEP Studie

Die R-MegaCHOEP Studie untersuchte als erste randomisierte Phase 3 Studie den Stellwert einer Dosisintensivierung in der Erstlinientherapie von jungen (<60 Jahre) Hochrisikopatienten (aaIPI: 2-3) mit aggressiven B-Zell Lymphom (1). Dabei wurden acht Gaben einer Therapie mit CHOEP-14 mit vier Gaben des dosiseskalierten MegaCHOEP-14 Regimes, beides in Kombination mit Rituximab, verglichen. In der Erstpublikation von Norbert Schmitz zeigte sich mit einer medianen Beobachtungszeit von 42 Monaten eine deutlich gesteigerte Toxizität ohne signifikanten Überlebungsvorteil für Patienten im intensivierten R-MegaCHOEP-Arm (1).
Frontzek et al. konnte diese Ergebnisse kürzlich in einem 10-Jahres-Langzeit-Follow-Up der Studie bestätigen (2). Auch im Langzeitverlauf zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsarmen (adjustierte Hazard Ratio für das 10-Jahres Gesamtüberleben: 1.3, p=0.26). Allerdings fiel ein vielversprechendes Gesamtüberleben mit 72% nach 10 Jahren für die mit R-CHOEP-14 behandelten Patienten auf.

2) Molekulare Charakterisierung des plasmoblastischen Lymphoms

Das plasmoblastische Lymphom (PBL) ist ein seltenes aggressives B-Zell Lymphom, das zur Familie der CD20-negativen B-Zell Lymphome gehört (3). Es zeigt eine plasmoblastische Morphologie mit plasmozytischen Immunphänotyp (3). Das PBL ist dabei häufig mit einer Immun-defizienz der betroffenen Patienten assoziiert. So sind etwa 30-50% der Patienten mit dem HI-Virus infiziert (4,5). Der klinische Verlauf ist häufig aggressiv und das Gesamtüberleben nach konventioneller Chemotherapie sehr ungünstig (5). Aufgrund der Seltenheit dieses Lymphoms gab es bisher nur wenige, kleinere Analysen, sodass die biologischen und molekularen Grundlagen des PBL größtenteils unverstanden bleiben. 
Frontzek et al. ist es nun gelungen, anhand der bisher weltweit größten Sammlung von primären PBL Patientenproben eine umfassende molekulare Charakterisierung zu erlangen (6). In einer internationalen Kooperation mit 13 europäischen Lymphomzentren wurden insgesamt 96 primäre Proben mit referenzpathologisch bestätigter PBL Diagnose gesammelt. Mittels MYC-FISH konnte in 47% der untersuchten Fälle eine MYC-Translokation nachgewiesen werden. Mittels whole exome sequencing von 85 PBL Proben zeigten sich rekurrente Mutationen, die die onkogenen Signalwege RAS-RAF, JAK-STAT und NOTCH betreffen. Die Bestimmung der Kopienzahlalterationen mittels OncoScan-Methode zeigte wiederkehrende Amplifikationen von Chromosom 1q sowie bei-der Arme von Chromosom 7. Weiterhin konnten eine Reihe von fokalen Amplifikationen, die die Onkogene MCL1 oder IRF4 betreffen, detektiert werden. Abschließend wurden die Ergebnisse an einem plasmoblastischen in vitro Modell weiter funktionell untersucht. In einem shRNA Screen führte u.a. die Herabregulation der Onkogene MYC, STAT3 oder IRF4 zu Zelltod der PBL-1 Zelllinie. Ebenso zeigte die in-vitro Behandlung mit JAK-STAT-Inhibitoren und Lenalidomid eine sehr vielversprechende Effektivität. Diese Ergebnisse legen nahe, dass zielgerichtete Strategien für die Behandlung von PBL Patienten in Zukunft im Rahmen von klinischen Studien untersucht werden sollten. 

 

Martin Dreyling und Stefan Alig


Bericht zur Arbeit von Dr. Alig:

Short Diagnosis-to-Treatment Interval Is Associated with Higher Circulating Tumor DNA Levels in Diffuse Large B-Cell Lymphoma, Journal of Clinical Oncology, August 10 2021.

Selektionsprozesse die zu nicht-repräsentativen Patientenkohorten führen (selection bias) können die Generalisierbarkeit von klinischen Studien entscheidend beeinflussen. Insbesondere bei aggressiven Erkrankungen wie dem Diffus groß-zelligen B-Zell Lymphom (DLBCL) besteht die Gefahr, dass Patienten mit besonders aggressiver Erkrankungsbiologie und dringlicher Therapieindikation aufgrund des logistischen und zeitlichen Aufwands eines Studieneinschlusses in klinischen Studien unterrepräsentiert sind. 
Tatsächlich konnten Matthew Maurer und Kollegen in einem 2018 erschienen Artikel überzeugend darlegen, dass Therapiedringlichkeit entscheidenden Einfluss auf das Therapieergebnis von DLBCL Patienten hat. Während Patienten mit einem kurzen Diagnosis-to-Treatment Interval (DTI), angereichert für Patienten mit dringlicher Therapieindikation, eine besonders schlechte Prognose hatten, konnte man bei Patienten mit langem DTI ein günstiges outcome beobachten (Maurer et al, Journal of Clin Oncol 2018). Interessanterweise konnte gezeigt werden, dass die prognostische Bedeutung des DTI unabhängig von konventionellen Risikofaktoren wie dem International Prognostic Index (IPI) ist. Dies legt nahe, dass der IPI nur inkomplett Therapiedringlichkeit reflektiert. DTI hingegen stellt ein vielversprechendes Maß dar, um selection bias in klinischen Studien zu quantifizieren.

DTI als Prognosefaktor hat jedoch erhebliche Limitationen. So wird das DTI etwa durch nicht Erkrankungsspezifische Faktoren beeinflusst, und kann außerdem nur retrospektiv erhoben werden. Ein besseres Verständnis dafür welche Faktoren DTI beeinflussen, sowie objektive Bio-marker zur Vorhersage von Therapiedringlichkeit und Erkrankungsverlauf sind daher erstrebenswert.
In ihrem im August 2021 erschienenen Manuskript untersuchen Stefan Alig und Kollegen die Assoziation zwischen DTI, zirkulierender Tumor DNA (ctDNA), konventionellen Risikofaktoren sowie outcome in 267 Patienten mit Erstdiagnose eines DLBCL. Die Autoren legen schlüssig dar, dass DTI in erster Linie mit Tumorlast assoziiert ist. Neben Erkrankungsstadium und IPI war DTI insbesondere auch invers mit total metabolic tumor volume (TMTV) korreliert. 
Auch ctDNA level spiegeln die Tumorlast wider. Im Vergleich zu DTI, wiesen ctDNA Spiegel jedoch eine deutlich stärkere Assoziation mit Erkrankungsstadium, IPI und TMTV auf. Überdies waren hohe ctDNA level auch mit einem kurzem DTI assoziiert. Besonders bemerkenswert war, dass ctDNA einen stärkeren Einfluss auf das DTI hatte als der IPI. Im Hinblick auf outcome waren sowohl DTI als auch ctDNA level signifikant mit event-free survival (EFS) assoziiert. In der multivariaten Analyse mit ctDNA, IPI und dem DTI hingegen, verlor DTI seine prognostische Bedeutung und nur ctDNA war signifikant mit EFS assoziiert. 
Die Autoren folgern, dass ctDNA ein objektiveres Maß für Tumorlast ist als das DTI, und daher geeignet selection bias in klinischen Studien zu quantifizieren. Überdies ist ctDNA ein vielversprechender Marker zur Stratifizierung und Prognostizierung von DLBCL Patienten. Insgesamt stellt die Veröffentlichung nach Einschätzung der Autoren einen Meilenstein zur Etablierung und Implementierung von liquid biopsies in prospektiven klinischen Lymphom-Studien dar.

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